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Friedrich Zawrel 1929–2015

Am 3. September 2011 hab ich Friedrich Zawrel, einen meiner liebsten und außergewöhnlichsten Freunde, kennengelernt. In welchem Ausmaß er mein Leben bereichtert hat, kann ich nicht in Worte fassen. Ich kann nur sagen, dass, wenn wir uns alle ein kleines bisschen diesen großen Menchen zum Beispiel nehmen, dann wird die Welt um ein Vielfaches menschlicher und liebenswerter . Du fehlst mir und ich hab dich hoffentlich wohl bis zu meinem Ende im Ohr. Und sei versichert, ich sorge dafür, dass deine Geschichte und deine Botschaft ein Publikum hat. Danke für alles. Vor allem für deinen Humor. Dir ist das Lachen nie vergangen. Nicht einmal am Schluss.   Friedrich: "Weißt du, Puppenspieler, was ich mir wünsch, was auf meinen Grabstein stehen soll?   Ich: "Nein, was denn?"   Friedrich: "Friedrich Zawrel – 1929 bis - na schau'n wir einmal ... Pass auf, jetzt kommts: erbbiologisch und sozial minderwertig. Haha"   Ich: "Den Witz darfst aber nur du machen."   Friedrich: "Ja, darum mach ich ihn auch!"
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„Die Presse“ berichtet:

Puppentheater: Wir Herren Karl   Burgtheater. Der „Herr Karl“ kann in jedem von uns stecken, lehrt Nikolaus Habjan in der Puppenversion des Klassikers.   02.01.2015 | 18:48 |  Katrin Nussmayr  (Die Presse)   „Wiener Blut“ jault aus dem Grammofon, drei Puppen baumeln an Haken aufgehängt von der Decke der Burgtheaterbühne: ein Trinker am Kaffeehaustisch, ein stattlicher Kellner, eine blonde Dame hinter der Bar. Wer von ihnen wird wohl der „Herr Karl“ sein, jener von Helmut Qualtinger und Carl Merz kreierte schmierige, opportunistische und elendig selbstmitleidige Mitläufer, sozusagen die Personifikation alles Widerlichen in der österreichischen Seele? In der Puppentheaterversion (Regie: Simon Meusburger) sind sie alle der Herr Karl: Der Grazer Puppenspieler Nikolaus Habjan schlüpft abwechselnd mit Hand und Stimme in die Puppen und lässt sie von früheren Zeiten schwärmen, von früheren Zeiten klagen, es war ja alles besser, nein furchtbar, man musste es sich eben richten. Der Herr Karl ist moralisch flexibel: Er demonstrierte für fünf Schilling für die Partei, die gerade angesagt war, Opfer war er natürlich immer.   Sudern über das Rauchverbot   Die Vielschichtigkeit des verachtenswerten Charakters kommt durch die Aufteilung auf mehrere Klappmaulpuppen schön zum Ausdruck. Der Kaffeehausgast zählt die politischen Ereignisse herunter, an denen er selbst stets als aktiver Schaulustiger beteiligt war, der adrette Kellner referiert über Liebschaften, Jobs und Leben im Gemeindebau. Die Dame an der Bar hat sich stets bereichert, andere ausgenutzt . Immer wieder interagieren die Puppen miteinander, machen einander Vorwürfe, tanzen und schmusen. Es ist ein amüsantes Spiel, dabei stets ermahnend und gefährlich authentisch – obwohl, oder vielleicht gerade weil Habjan moderne Anspielungen eingebaut hat. Herr Karl jammert nicht nur über die Inflation, sondern auch über das Rauchverbot im Café: „Is aber blöd. Wegen da EU?“ Klingeltöne und Husten aus dem Publikum knüpft er geschickt in den Text ein. Er bringt zum Lachen, das Lustige hat dabei aber einen bitteren Beigeschmack: Denn der Herr Karl begegnet uns auch im Alltag, im Kaffeehaus, auf Facebook und manchmal sogar in der eigenen Familie. Man lächelt verschämt und weicht ihm gern aus. Habjan lässt sein Publikum aber nicht davonlaufen. Während er fließend von einer Ausformung des Charakters in die nächste wechselt, zeigt er, dass das Abgründige im Menschen gleich hinter der Oberfläche lauert und dass sich Qualtingers Dicker mit dem Schnurrbart in jedem von uns verstecken könnte. Dabei nimmt er sich auch selbst nicht aus: Am Ende der Vorstellung, nachdem er seine Puppe von der Bühne geschleudert hat (Dienstschluss!), hängt er plötzlich selbst am Haken wie eine leblose Marionette. „Der Herr Karl“ als Puppentheater wurde erstmals 2010 aufgeführt, zur Neujahrsvorstellung gab Nikolaus Habjan ein Gastspiel im Burgtheater. Der Puppenspieler ist demnächst u.a. in „Das Missverständnis“ im Grazer Schauspielhaus, in „Max'n Morizz“ im Landestheater Linz und mit „Schlag sie tot“ im Schuberttheater in Wien zu sehen.   ("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2015)
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double 30

double - Das Magazin für Puppen-, Figuren- und Objekttheater (Was erzählt werden soll. Was erzählt wird Eindrücke vom 11. Figura Theaterfestival in Baden.)   Theater als Dokumentation? von Christian Bollow Was Nikolaus Habjan und sein Regisseur Simon Meusburger in ihrer fast zweistündigen Inszenierung »F. Zawrel - Erbbiologisch und sozial minderwertig« dem Publikum präsentieren, ist ein selten gelungener, hoch interessanter Balanceakt zwischen Theater und Dokumentation. Grundlage der textorientierten Soloinszenierung ist die aus erster Hand erfahrene Lebensgeschichte des mittlerweile 85-jährigen Friedrich Zawrel, Opfer sowohl national-sozialistischer Medizinexperimente wie auch der österreichischen Nachkriegsjustiz. Damit entwickelt das Wiener Schubert Theater bereits 2012, ein Jahr vor „Die letzten Zeugen“ vom Burgtheater, ein theatrales Format, in dem ein Überlebender des Dritten Reiches scheinbar ungefiltert durch artifizielle Verschlüsselungsverfahren‚ zur Sprache kommt‘. Anders als Hartmann und Rabinovici setzen sie aber nicht (oder fast nicht) auf seine unmittelbare Anwesenheit. Opfer wie Täter erscheinen als stilisierte Klappmaulfiguren. Die dramaturgische Form ist bewusst gradlinig, sie folgt im Wesentlichen der Logik der erzählten Chronologie. Die Inszenierung vermittelt einen ungemein lebendigen Eindruck eines außergewöhnlichen Menschen unserer Gegenwart, dem es gelungen ist, die traumatischen Opfererfahrungen in einen Triumph der Menschlichkeit zu verwandeln. Der dokumentarische Impetus gipfelt in einer Videoeinspielung Zawrels selbst. An ihrer moralischen Gewichtung lassen Habjan und Meusburger keinen Zweifel. Die Vertreter der Täterseite werden, was ja möglich wäre, biographisch nicht relativiert, geschweige denn entschuldet . Das ist gewollt und legitim. Und die Vermutung liegt nahe, dass sich die minutenlangen Standing Ovations zum guten Teil an Zawrel selbst richten. Die Inszenierung funktioniert hier wie ein Kommunikationskanal zwischen der historischen und menschlichen Wirklichkeit Zawrels und der Realität eines mehrheitlich ›nachgeborenen‹ Publikums, das sich – applaudierend – in einem 'Kollektiv des Widerstands' vereinigt fühlt. Dieser Effekt wäre nicht möglich ohne das hervorragende Spiel Habjans. Vor allem stimmlich setzt der unverkennbar von Neville Tranter inspirierte und geprägte Puppenspieler und Musiktheaterregisseur mit seiner Fähigkeit, virtuos und federleicht den Wesenskern der jeweiligen Akteure zu treffen, Maßstäbe. „F. Zawrel“ wurde im Entstehungsjahr mit dem Nestroy-Theaterpreis für die beste Off-Produktion ausgezeichnet. Dass die Inszenierung auch den Badener „Grünschnabel“ gewann, ist verdient.
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Heute im Akademietheater

Heute ist ein besonderer Tag für mich! Um 20 Uhr spiele ich im Akademietheater "F. ZAWREL - erbbiologisch und sozial minderwertig". Friedrich Zawrel wird dabei sein, sowie Dr . Werner Vogt. Es freut mich über alles, dass Friedrich es erleben kann, dass 500 Menschen seine Geschichte erfahren. Ich freu mich so unglaublich!
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Der „Grünschnabel 2014“

Der "Grünschnabel" 2014 geht an das Schubert Theater Wien Der Regierungsrat des Kantons Aargau verlieh am 11. Figura Theaterfestival 2014 in Baden zum sechsten Mal den Förderpreis für junges Figurentheater «Grünschnabel». Er zeichnet damit eine junge Bühne aus, die sich am Anfang ihrer beruflichen Tätigkeit befindet und mit Ausdrucksformen des Figuren- und Objekttheaters auf künstlerisch eigenständige und herausragende Art arbeitet. Rund 24 Gruppen aus 7 europäischen Nationen, Israel, Chile und USA haben sich für den "Grünschnabel" 2014 beworben.Gewinner: Schubert Theater, Wien mit "F. Zawrel - erbbiologisch und sozial minderwertig" Die wahre Geschichte über Friedrich Zawrel, der während der NS-Zeit aus der Wiener Krankenanstalt "Am Spiegelgrund" fliehen kann und später seinem früheren Peiniger erneut begegnet. Die Klinik erlangte damals aufgrund der Behandlung und Ermordung von kranken, behinderten und vermeintlich erblich belasteten Kinder traurige Berühmtheit. Ein schwerer Brocken Zeitgeschichte, der durch das eindringliche Spiel Nikolaus Habjans zutiefst berührt. Laudatio für "F . Zawrel", vorgetragen von Monika Schärer: Was der junge Puppenspieler Nikolaus Habjan – in Zusammenarbeit mit dem Regisseur Simon Meusburger – auf die Bühne bringt, ist dokumentarisches Theater mit Klappmaul-Puppen: mutig, unter die Haut gehend, nachhaltig. Erzählt wird die ungeheuerliche wahre Geschichte von Friedrich Zawrel – der im faschistischen Österreich als Kind in einer Krankenanstalt zu medizinischen Versuchszwecken missbraucht wird, dem die Flucht gelingt und der Jahre später von demselben Arzt Dr. Gross erneut als „erbbiologisch und sozial minderwertig“ eingestuft und weggesperrt wird. Für die Vermittlung dieser grausamen Geschichte haben Habjan und Meusburger eine adäquate Umsetzung gefunden mit Puppen, die als grotesk überzeichnete Doubles der Protagonisten einsetzt werden und einem Spieler, der zusätzlich selber in verschiedene Rollen schlüpf. Jede Figur hat ihren eigenen Duktus, ihre eigene Stimme. Zwei Stunden Text! Und trotz gewisser dramaturgischer Schwächen – Stichwort Redundanz – sind die zwei Stunden von der ersten bis zur letzten Minute: Packend!Wenn die Puppen abgelegt werden, behalten sie ihre Präsenz. Berührend das Kind in Embryo-Stellung, das auf einer Stehle liegt. Oder das ermordete Kind, das aus dem Versuchslabor abtransportiert wird. Es ist Ausdruck der Hilflosigkeit der Kinder im Heim. Sparsam umgegangen wird auch mit den Projektionen – einem verführerischen Theatermittel. Hier werden sie genutzt, um den Raum kurz und notwendig aufzutun – einmal, um die Nazi-Zeit zu veranschaulichen, ein andermal, um die Flucht aus dem Kinderheim sichtbar zu machen. Nikolaus Habjan, der junge Puppenspieler, ist mehr oder weniger aus Zufall auf die Geschichte von Friedrich Zawrel gestossen – diesem Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik, die bis heute ihre tragischen Auswirkungen zeigt. Dass Habjan die Lebensgeschichte dieses Zeitzeugen zu seinem persönlichen Anliegen macht, dieses dunkle Kapitel österreichischer Geschichte in die Öffentlichkeit bringt, ist Ausdruck von grossem menschlichem Mut gepaart mit künstlerischer Ausdruckskraft. Und ich als Filmemacherin möchte noch anfügen: Wäre dieser Figura-Theaterabend ein ebenso gelungener Dokumentarfilm – er hätte einen Oscar verdient!
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Am Freitag 07. März 2014 Schauspielhaus Graz

F. Zawrel - erbbiologisch und sozial minderwertig Dokumentarisches Figurentheater von Simon Meusburger und Nikolaus Habjan - basierend auf den Erzählungen von Friedrich Zawrel   Der Vater ist Alkoholiker, die Mutter nicht fähig, die Familie zu ernähren . So wächst Friedrich Zawrel auf. Kinderjahre in Kaisermühlen, Delogierung, Heim, schließlich Spiegelgrund, jene »Kinderfachabteilung« des Deutschen Reiches, in der Euthanasiemorde an kranken und behinderten Kindern stattgefunden haben. Vom Anstaltsarzt Dr. Gross wird Zawrel – als »erbbiologisch und sozial minderwertig« eingestuft – gequält, doch er kann aus der Anstalt fliehen. Erst im Jahr 2000 kommt es nach vielen Bemühungen Zawrels zum Gerichtsverfahren, das wegen der angeblichen Demenz von Gross eingestellt wird. Er kann sich an nichts mehr erinnern. Auf ebenso packende wie berührende Weise arbeiten Nikolaus Habjan und Simon Meusburger in ihrem grandiosen Figurentheaterstück ein Stück österreichischer Geschichte auf. Die Inszenierung erhielt den Nestroypreis 2012 in der Kategorie Beste Off-Produktion.   Buch Nikolaus Habjan und Simon Meusburger Regie Simon Meusburger Puppendesign Nikolaus Habjan   am Freitag, 7. März, 19.30 Uhr, Schauspielhaus Graz Hauptbühne   Fr, 07. März 2014 19:30 bis ca. 21:00 Schauspielhaus Hauptbühne
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Heute Premiere! Miguel Cervantes „Don Quijote“ als Puppentheater!

Liebe Freunde, heute am 09. Oktober 2013 ist Daumendrücken angesagt ... Die Probenzeit war spannend, anstrengend und mit den fantastischen Kollegen Simon Meusburger, Manuela Linshalm, Lisa Zingerle und Lena Madl erarbeiteten wir den Klassiker für das Puppentheater. Wir freuen uns darauf, Euch zahlreich im Schubert Theater begrüßen zu dürfen! Miguel Cervantes über 400 Jahre alter zum Weltklassiker gereifte Roman bildet die Grundlage dieser Figurentheater Produktion . Zwei Puppenspieler, Nikolaus Habjan und Manuela Linshalm spielen darin in den verschiedenen montagehaft aneinandergereihten Episoden  die unterschiedlichsten Figuren und lassen so die kühnen Visionen des „Ritters der traurigen Gestalt“ lebendig werden. Die zentralen Themen des Romans sind bei Cervantes – ähnlich wie in den Stücken seines Zeitgenossen Shakespeare – Fragen: „Was ist Wirklichkeit? Was ist Traum? Der Konflikt zwischen dem Ideal und der Realität. Wie geht die Gesellschaft mit Wahnsinn oder einem Verrückten um?“ – Diese Themen können in der Form des Figurentheaters ideal umgesetzt werden. Ebenso die enge, untrennbare Freundschaft des Don Quijote mit Sancho Pansa wird durch die Figur und ihrer Verbindung zum Spieler wunderbar dargestellt. „Don Quijote“ begegnen wir heute in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Menschen, die daran scheitern dem gängigen Gesellschaftsklischee zu entsprechen und für sich keinen anderen Ausweg finden als die Flucht in die Phantasiewelt  der Tagträume bis hin zur Wahnvorstellung. Für alle diese Menschen soll unsere Don Quijote-Puppe eine Reflexionsfläche sein.   Puppenspiel: Nikolaus Habjan und Manuela Linshalm Regie: Simon Meusburger Textfassung: Georg Holzer und Johannes Schmid Puppendesign: Nikolaus Habjan Puppenbau: Nikolaus Habjan und Lisa Zingerle Kostüm: Lisa Zingerle Bühne: Billie Lea Lang Lichtgestaltung: Simon Meusburger Regieassistenz: Lena Madl Layout Programmheft und Flyer: Viktoria Huber   Fotos: © Schubert Theater / Barbara Pálffy
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