de

„F. Zawrel – erbbiologisch und sozial minderwertig“

F. Zawrel- erbbiologisch und sozial minderwertig

 

Schubert Theater Wien, Uraufführung am 23. 03. 2012

Regie: Simon Meusburger

Buch, Puppenbau und -spiel: Nikolaus Habjan

 

 

Gastspiele im In- uns Ausland, im Akademietheater Wien, Schauspielhaus Graz, Landestheater St. Pölten, im Posthof Linz, im Residenztheater München, im St.Pauli-Theater Hamburg, im Schauspielhaus Zürich, in Liechtenstein, in Straubing, in Leipzig, Nürnberg, Prag u.a.m.

 

 

Jurybegründung (Nestroy-Preis, Beste Off-Produktion) 2012

Alles, selbst das Beste, was jemals an Puppen- oder Figurentheater geschaffen wurde, wird durch Nikolaus Habjan überboten. Die Eindringlichkeit seiner Performance, die Wandlungsfähigkeit seiner Figuren und „ihrer“ Sprache übertreffen so manche Schauspieler-Darstellung. Das liegt einerseits an Form und Gestalt seiner Puppen, die jede Emotion auszudrücken vermögen und andererseits an der sprachlichen Brillanz des „Puppenspielers“ Habjan. Der Variantenreichtum an individuellen Gesichtsformen, an Haarwuchs und Augenstellung und vor allem die besondere, flexible Mund- und Kinnbewegung seiner „Schützlinge“ erlauben einen unvergleichlichen Facettenreichtum. Für jeden Tonfall, vom Seufzer bis zum Wutausbruch findet Habjan auf unsichtbare Weise die Entsprechung in Gestik und Mimik – so unwahrscheinlich das bei Stoffgebilden erscheinen mag. Nikolaus Habjan hat eine einzigartige Kunstform kreiert, die jede Darbietung, sei es in seinem kleinen Schubert Theater, sei es im Burgtheater, im Freilufttheater oder in der freien Szene, zu einem unvergesslichen Erlebnis macht. (Eva Maria Klinger)

 

Gewinner «Grünschnabel 2014», Baden, Figura Theaterfestival (Schweiz)

Die wahre Geschichte über Friedrich Zawrel, der während der NS-Zeit aus der Wiener Krankenanstalt «Am Spiegelgrund» fliehen kann und später seinem früheren Peiniger erneut begegnet. Die Klinik erlangte damals aufgrund der Behandlung und Ermordung von kranken, behinderten und vermeintlich erblich belasteten Kinder traurige Berühmtheit. Ein schwerer Brocken Zeitgeschichte, der durch das eindringliche Spiel Nikolaus Habjans zutiefst berührt.

Interviews

 

Michael Tschida, Kleine Zeitung, 04.03.2014

 

Wie erklären Sie denn jenen Ihr Stück „F. Zawrel – erbbiologisch und sozial minderwertig“, die überhaupt nichts über das dramatische Schicksal von Friedrich Zawrel wissen?

Es geht um die Lebensgeschichte des heute 84-Jährigen. Nichts im Stück ist Fiktion, 80 Prozent davon hat mir Friedrich Zawrel in langen persönlichen Gesprächen selbst erzählt. Und so ist auch die Situation auf der Bühne: Zawrel – also die Puppe, die ihn darstellt – sitzt mit mir an einem Tisch und schildert, wie er als Kind auf dem Wiener „Spiegelgrund“ mit unfassbaren medizinischen Experimenten gequält wurde und wie er Jahrzehnte danach seinem damaligen Peiniger Dr. Heinrich Gross noch einmal in die Hände fiel.

Was zählt bei dieser Arbeit?

Dass Zawrel überlebt hat natürlich. Und dass er uns die Geschichte von seinem Überleben als Geschenk gibt – ich bin froh und stolz, dass ich sie erzählen darf, auch weil es ja immer weniger echte Zeitzeugen aus dem Weltkrieg gibt. Vor allem seine unglaubliche Lebenseinstellung beeindruckt: Klar redet er schlecht über Heinrich Gross, aber Zawrel ist es absolut nie um Rache gegangen. Er sagt: „Hätte ich Dr. Gross noch einmal getroffen, hätte ich ihn nicht umbringen wollen, sondern nur fragen wollen: warum?“

Die Darstellung von Experimenten und Morden an Kindern via Puppentheater scheint auf den ersten Blick widersprüchlich.

Ich weiß. Wenn ich Leuten sage, dass es im Stück um Kinder-Euthanasie geht, lauten die ersten Reaktionen meistens: „Ma, schiach, das kann ich mir nicht anschauen!“ Aber für mich ist das überhaupt kein Widerspruch. Psychische und physische Gewalt lässt sich viel besser mit Puppen zeigen als mit echten Schauspielern, bei denen man Gewalt nur schlecht aushält oder die man nur nachgestellt und mit vielen Effekten zeigen kann.

Kritiken

An die Darstellung dieser beiden Biografien auf den Brettern eines kleinen Hinterhoftheaters wagt sich ein junges, engagiertes Team. Nein, es geht um viel mehr als um ein Wagnis. Ein moralisches Anliegen treibt die Gruppe an und motiviert sie, die Begegnungen zwischen diesen beiden Menschen in ihrer schrecklichen Verstricktheit uns noch einmal vor Augen zu führen…

Nur zwei Puppen tragen die Handlung: Friedrich Zawrel und Heinrich Gross. Nikolaus Habjan spielt sie beide. Er lässt in Zeitsprüngen verschiedene Episoden aus Zawrels Leben vor uns Revue passieren. Meist ist Nikolaus Habjan mit seinen Puppen auf der Bühne deutlich zu sehen. Bei einigen Szenen verhüllt er sich. «Sie sind mir zu brutal, zu entsetzlich, gehen mir zu nahe. Da muss ich mich auch äußerlich davon distanzieren.»

Und wie ließe sich der heutige Friedrich Zawrel beschreiben? Die Antwort kommt spontan, ohne Zögern. «Er ist offen und freundlich, eigentlich rührend, auf jeden Fall sehr sympathisch, nicht verbittert, nicht rachsüchtig. Er ist kein gebrochener Mensch. Er ist einfach großartig.»

Was erhofft sich das kleine engagierte Team für seine beeindruckende Arbeit?

«Dass viele, viele Leute kommen! Und dass sich nach der Aufführung einige über diesen tragischen Fall genauer informieren und ihre Zweifel und ihr Nachdenken nicht aufgeben.»

(Augustin, Barbara Huemer, 06.04.2012)

 

 

Spärliche Requisiten und Effekte, dafür umso ausdrucksstärkere Klappmaulpuppen verwendet Nikolaus Habjan für sein dokumentarisches Figurentheater. Dass er Dialekte virtuos imitiert, lässt nicht nur die Nacherzählung seiner eigenen Gespräche mit Zawrel ungeheuer realistisch wirken, sondern auch dessen Begegnungen mit Heinrich Gross…In wenigen Szenen spitzt sich diese grandiose Produktion grell zu, etwa bei der schier unerträglichen Schilderung gängiger Foltermethoden für widerspenstige Kinder….Friedrich Zawrel sagt, das Wichtigste sei es „der Jugend mei` G`schicht“ zu erzählen. Für Habjan scheint dies ein heiliger Auftrag zu sein, den er mit dramaturgischer und darstellerischer Brillanz erfüllt, ohne jemals die Bescheidenheit des Dokumentarischen abzulegen.(Steirerkrone, M.W., 26.02.2013)

 

Monatelang hat Habjan Friedrich Zawrel interviewt, das Stück, das entstanden ist, hat am Freitagabend auch beim Osterfestival im restlos ausverkauften Salzlager tief bewegt. Die großartige Physiognomie von Habjans Zawrel-Puppe, ihr Wiener Dialekt und schwarzer Humor, die ihr ihr Schöpfer gekonnt einhaucht, sind ein denkwürdiges Theater­erlebnis. Auch weil Habjan selbst, obwohl er neben seiner Puppe sitzt und mit ihr agiert, vom ersten Moment an völlig in den Hintergrund tritt. Die Bühne gehört ganz Friedrich Zawrel, der in den Briefen blättert, die ihm Schüler nach seinem Besuch im Klassenzimmer geschrieben haben. „Das ist mein größter Schatz“, sagt er.

(Tiroler Tageszeitung, Ivona Jelcic, 17.04.2013)

 

Textmontagen zu Beginn, die Auszüge von Briefen von Schülern enthalten, zeigen, dass die authentischen BerichteZawrels die Kinder berühren. Und selbst im Theater, wo Zawrel nur durch die Puppe und die Stimme des Schauspielers anwesend war, berührt die Geschichte ungemein und lässt einem manchmal die Tränen in die Augen steigen. Figuren-Theater dieser Art könnte auch dann noch diese schreckliche Geschichte auf eine unmittelbare Art vermitteln, wenn die Zeitzeugen in einigen Jahren verstorben sein werden.(Zürichsee-Zeitung, 17.02.2014)

Die Odyssee von Friedrich Zawrel ist eigentlich unbeschreiblich. Und doch wagten es Nikolaus Habjan und Simon Meusburger. Und wie! Aus 30 Stunden Interview mit dem heute 84-jährigen Wiener destillierten sie das Figurentheater „F. Zawrel“, dessen Untertitel schildert, wie „Dr. Frankenstein“ Gross die Gutachter-Guillotine zweifach auf einen Ohnmächtigen herabsausen ließ: „erbbiologisch und sozial minderwertig“.

Habjan erweist sich mit seinen Klappmaulpuppen als so fabelhafter wie wandelbarer Solist. Der erst 26-jährige Grazer zaubert aus den Erinnerungen eines Mannes, den das Schicksal drosch, aber nicht brach, ein ins Herz und Hirn und unter die Haut gehendes Stück Zeitgeschichte, das nun auch im randvollen Schauspielhaus erst für Beklemmung, dann für minutenlange Standing Ovations sorgte.

(Kleine Zeitung, Michael Tschida, 08.03.2014)

 

Baden/Wien – Das kleine Schubert Theater in Wien-Alsergrund ist für seine Produktion „F. Zawrel – erbbiologisch und sozial minderwertig“ beim 11. Figura Theaterfestival im Schweizer Baden mit dem zum sechsten Mal verliehenen Theaterpreis „Grünschnabel“ ausgezeichnet worden. Der durch den Kanton Aargau vergebene Preis ist mit 10.000 Franken (8.222,33 Euro) dotiert.

Das mit den Mitteln des Puppentheaters arbeitende Dokumentarstück über einstige Spiegelgrund-Opfer Friedrich Zawrel „überzeugte durch besonderes Engagement und künstlerische Ausdruckskraft“, wie die Jury in einem Abschluss-Communiqué des Festivals zitiert wurde. In der einstigen Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“, dem Wiener Zentrum der NS-Tötungsmedizin, wurden zwischen 1940 und 1945 rund 7.500 Menschen ermordet, darunter 800 Kinder und Jugendliche.

Für das Stück „F. Zawrel – erbbiologisch und sozial minderwertig“ waren Puppenspieler Nikolaus Habjan und Regisseur Simon Meusburger 2012 bei den österreichischen Nestroy-Theaterpreisen mit dem Off-Preis ausgezeichnet worden. (APA, 30.6.2014)

Ausgezeichnet wurde die Inszenierung «F. Zawrel – erbbiologisch und sozial minderwertig», eine Aufarbeitung eines dunklen Kapitels der österreichischen Geschichte. Das Dokumentartheater thematisiert die Misshandlung und Ermordung von Kindern in medizinischen Einrichtungen zur Zeit des Faschismus.

Das Stück «überzeugte durch besonderes Engagement und künstlerische Ausdruckskraft», wie die Jury in einem Abschluss-Communiqué des Festivals zitiert wird. Der durch den Kanton Aargau vergebene «Grünschnabel» ist mit 10’000 Franken dotiert.(SRF, Schweizer Radio und Fernsehen, 27.06.2014)

Nachdem der 26-jährige Österreicher bereits 2012 mit «Becoming Peter Pan – An Epilogue to Michael Jackson» für den mit 10 000 Franken dotierten Aargauer Förderpreis «Grünschnabel» nominiert war, bekommt er ihn jetzt – zu Recht. Wer die beklemmend intensive und ergreifende Aufführung gesehen hat, wird sie nicht vergessen. Auch die Jury zeigt sich davon beeindruckt, was sie so begründet: «Die Aufarbeitung eines dunklen Kapitels der österreichischen Geschichte zur Zeit des Faschismus – Misshandlung und Ermordung von Kindern in medizinischen Einrichtungen – als Dokumentartheater überzeugte durch besonderes Engagement und künstlerische Ausdruckskraft.

Mit Klappmaulpuppen als grotesk überzeichnete Doubles der tatsächlichen Protagonisten dieser wahren Geschichte gelangen dem jungen Spieler Nikolaus Habjan und dem Regisseur Simon Meusburger berührende und einprägsame Szenen.» Eine schöne Geste des ausgezeichneten Schubert Theaters Wien: Es hat die weiteren vier Nominierten eingeladen, ihre Produktionen in Österreich vorzustellen. «Und das», sagt das Figura-Team, «unterstreicht den Stellenwert des Grünschnabels› als Sprungbrett in eine professionelle Karriere.(Badener Tagblatt, Elisabeth Feller, 29.06.2014)

 

 

Dass Jurybegründungen den Superlativ bemühen, kommt vor. Aber gleich so? „Alles, selbst das Beste, was jemals an Puppen- oder Figurentheater geschaffen wurde, wird durch Nikolaus Habjan überboten“, schwärmte die Journalistin Eva Maria Klinger über den Nestroy- Preisträger 2012. In der Sparte „Off-Produktion“ gewann das Schubert Theater Wien mit Habjans Solo-Performance „F. Zawrel – Erbbiologisch und sozial minder- wertig“ – und es hagelte Vokabeln wie „Eindringlichkeit“ (des Spiels), „Wandlungsfähigkeit“ (des Spielers wie der Figuren) und „sprachliche Brillanz“. Dies allein wäre schon Grund genug, um sich auf das Gastspiel im Stadtmuseum zu freuen, wo das Stück am Sonntag in der Reihe „Figurentheater der Gegenwart“ zu sehen ist.

Dabei wurde noch kein Wort über das große Thema verloren, das Habjan und sein Regisseur Simon Meusburger gemeinsam mit dem erarbeitet haben, dessen Name mitsamt einer menschenverachtenden Diagnose im Titel steht: Friedrich Zawrel, 1929 geboren, kam früh ins Heim und floh aus diversen Pflegefamilien, bis er schließlich in der Fürsorgeanstalt „Am Spiegelgrund“ in Wien landete, wo „erblich belastete“, kranke oder behinderte Kinder und Jugendliche in einer Weise behandelt und erforscht wurden, dass es an die 800 von ihnen das Leben kostete.(Süddeutsche Zeitung, Sabine Leucht, 10./11. 01. 2015)

Auch das Figurentheaterstück „F.Zawrel – Erbbiologisch und sozial minderwertig“ des Schuberttheaters entstand in enger Zusammenarbeit mit Zawrel selbst. Seine sehr persönlichen Gespräche mit Puppenspieler Nikolaus Habjan und Regisseur Simon Meusburger dienten als Grundlage für dieses Projekt. Habjan schlüpft in dem Stück nicht nur in die Rolle von Zawrel, sondern auch in die des Arztes Gross. Dabei lässt das Figurenspiel sonst kaum zeigbare Gewalt auf der Bühne zu, sprengt die Grenzen des Darstellbaren. Es ist faszinierend, wie Habjan seine Figuren zum Leben erweckt und dabei hinter ihnen verschwindet. Es ist ein Stück erlebbarer Zeitgeschichte, die bis in die Gegenwart reicht, nachdenklich stimmt und aufzeigt welche Rollen Tätern und Opfern auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Österreich noch zuteilwurden.(Der Funke, 24.02.2015)

 

Die Regie des Bregenzers Simon Meusburger und das Puppenspiel des Grazers Habjan bringen kein Stück, sondern Realität auf die Bühne. Die Puppen erwachen zum Leben und Werden als Personen wahrgenommen. Zawrel und Gross stehen sich auf der Bühne noch einmal gegenüber. Dieses Mal erhält der „machtlose“ Zawrel das uneingeschränkte Wort.

Der Löwensaal erhob sich geschlossen vor Rührung und Begeisterung. Das Homunculus-Publikum verneigte sich mit tosendem Applaus vor den Stückemachern Nikolaus Habjan (Spiel) und Simon Meusburger (Regie), aber vor allem vor Friedrich Zawrel und dessen Lebensweg. Das Bühnenwerk verbindet auf empfindsame Art die unfassbare Geschichte des Friedrich Zawrel mit einem ebenso unfassbaren Stück österreichischer Geschichte, das zudem die Kontinuität erbarmungsloser Machtstrukturen losgelöst vom NS-Regime demonstriert. (Vorarlberger Nachrichten,14. 05. 2015)

 

 

Der unerwartete Höhepunkt des Festivals stand in Nürnberg gar nicht auf dem Plan. Der Österreicher Nikolaus Habjan (Puppenbauer, Spieler, Autor, Regisseur) war auf der großen Fürther Bühne beim Camus-Drama „Das Missverständnis“ vom Schauspiel Graz schon gefeiert worden als er in Erlangen mit „F. Zawrel – Erbbiologisch und sozial minderwertig“ (Schuberttheater Wien) das Publikum vor Weinen und Lachen und Fassungslosigkeit um Atem ringen ließ. Seine im Solo bewältigte Lebensgeschichte des Friedrich Zawrel, im Nazi-Österreich vom „sachverständigen“ Anstaltsarzt gefoltert, der ihm in der späteren Republik wieder amtlich begegnete und erneut wegsperrte, ist geniales Puppenspiel für eine Geschichte, die wohl keine andere Sparte so stimmig bewältigen könnte. In sparsam dosierten Film-Einblendungen und sprachlich wie spielerisch souverän gleitendem Umgang mit den kantigen Klappmaul-Charakteren wurde daraus grandioses Dokumentations- und Emotionstheater in gegenseitiger Umschlingung. 

(Nachtkritik.de, Dieter Stoll, 18.05.2015)

 

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass ein einziger Puppenspieler Zuschauer zwei Stunden lang fester an ihre Sitze fesseln kann als ein mit Millionenetat produzierter Hollywoodfilm, so wurde er hier erbracht: Nikolaus Habjan (Schuberttheater Wien) ließ mit seinen Klappmaulpuppen im Erlanger Theater in der Garage und im Kulturforum Fürth das Publikum vor Entsetzen regelrecht erstarren. Und zwar bis zum Schluss.
Nicht nur der erste Teil der wahren Geschichte „F. Zawrel – Erbbiologisch und sozial minderwertig“ war schockierend realitätsnah nachgespielt. Der Wiener Friedrich Zawrel hatte seine Lebensgeschichte Habjan und dem Regisseur Simon Meusburger genau geschildert
.  (Nürnberger Zeitung, 18.05.2015)

Das dokumentarische Figurentheater wurde mit dem Nestroy-Theaterpreis ausgezeichnet. Gestaltet wurde diese künstlerische Aufarbeitung eines außergewöhnlichen Lebens vom 1987 in Graz geborenen Nikolaus Habjan, einem der talentiertesten österreichischen Regisseure, Kabarettisten, Puppenspielern und Kunstpfeifer. Zawrel bleibt als ein besonderes Beispiel für Kraft, Charakter und Überlebensfähigkeit in Erinnerung, die gar nicht so wenige vom Äußersten bedrohte Menschen aufbrachten. Er selbst hinterlässt uns eine ganz außerordentliche Faszination: ein kraftvoll Überlebender aus einer politischen Perversion, in der sogar als „Kranke“ abgestempelte gerade noch ein Reagenzglas wert waren. Weit entfernt davon, nicht nur 70 Jahre, sondern durch wachsendes Engagement sowie viele Bemühungen und Aktivitäten auf verschiedensten Ebenen weiter, entlasten sich manche, vor allem wichtige Institutionen, dennoch mit der sedierenden Bezeichnung „Mensch mit besonderen Bedürfnissen“.(80, Kulturzeitung, 30.07.2015)

 

Die Puppe kann einen Vorgang ins allgemein Menschliche überhöhen. So wird das Leid des jungen Friedrich Zawrel im Kinderheim Spiegelgrund ein Bild für alles Leid, was unschuldigen Kindern widerfahren ist.

Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen pathetisch …, aber sonst würde das uns nicht so unter die Haut gehen. Habjan hat keine Angst vor der Darstellung starker Gefühle und schwieriger Themen. Und er erzählt eine Geschichte, die einerseits ganz im Faktischen verwurzelt ist und dennoch zu einer poetischen Verdichtung gelangt, eine Geschichte, von der wir uns als Zuschauer unmittelbar berühren lassen.(Puppen Menschen & Objekte 2016/2, Nr. 115, Frank Schenke: Der Tod ist immer dabei Portrait – Eindrücke von der Werkschau Nikolaus Habjan)

 

Die Stimme klingt hell und angenehm; das leicht singende Idiom lässt auf einen Österreicher und einen freundlichen jungen Mann schliessen. Das ist Nikolaus Habjan (28) so sehr, dass man gar nicht erst auf die Idee kommt, dass er Sätze auch schneidend scharf oder tränenerstickt, wie ein Kind, dem die Angst die Kehle zuschnürt, sprechen kann. So geschehen im Sommer 2014, als der Puppenspieler Nikolaus Habjan im Badener Theater im Kornhaus (ThiK) «F. Zawrel – erbbiologisch und minderwertig» spielte: ein Stück für Klappmaulpuppen (siehe Box). Dass jeder, der dabei war, noch heute erzählt, dass er einen Riesenkloss im Hals verspürt habe, spricht für die packende Aufführung. Am Ende gab es – selten genug im Theater – zunächst eine lange Pause, bevor die Zuschauer applaudierten und sich von ihren Sitzen erhoben: eine Reverenz an einen Mann, der mit Puppen unvergleichliche Theatererlebnisse schafft. Nun kehrt Habjan nach Baden zurück – nicht nur, aber auch mit «F. Zawrel».

(Schweiz am Sonntag, Elisabeth Feller,05.03.2016)

 

Die Stimme klingt hell und angenehm; das leicht singende Idiom lässt auf einen Österreicher und einen freundlichen jungen Mann schliessen. Das ist Nikolaus Habjan (28) so sehr, dass man gar nicht erst auf die Idee kommt, dass er Sätze auch schneidend scharf oder tränenerstickt, wie ein Kind, dem die Angst die Kehle zuschnürt, sprechen kann. So geschehen im Sommer 2014, als der Puppenspieler Nikolaus Habjan im Badener Theater im Kornhaus (ThiK) «F. Zawrel – erbbiologisch und minderwertig» spielte: ein Stück für Klappmaulpuppen (siehe Box). Dass jeder, der dabei war, noch heute erzählt, dass er einen Riesenkloss im Hals verspürt habe, spricht für die packende Aufführung. Am Ende gab es – selten genug im Theater – zunächst eine lange Pause, bevor die Zuschauer applaudierten und sich von ihren Sitzen erhoben: eine Reverenz an einen Mann, der mit Puppen unvergleichliche Theatererlebnisse schafft.

(Badener Tagblatt, Elisabeth Feller,06.03.2016)

 

Habjan, der über Facebook mit erfrischender Hemmungslosigkeit linkes Gedankengut verbreitet, nutzt natürlich das Puppenspielen natürlich für ähnliche Zwecke. Aber es  ist Kunst, und damit nie nur politisch.
Das gilt insbesondere für eine seiner neueren, sehr aufsehenerregenden Produktionen, mit der er auch an der Burg war – „F. Zawrel – erbbiologisch und sozial minderwertig“, ein Stück über seinen Freund, den Spiegelgrund-Überlebenden Friedrich Zawrel und dessen „Psychiater“ Heinrich Gross, den österreichischen Mengele, den zu verurteilen die österreichische Justiz nie zustande brachte. Die Inszenierung zeichnet sich vor allem durch ihre Feinfühligkeit aus, nichts daran ist plakativ, nichts geschmacklos. Es geht Nikolaus Habjan um die Sache.
Damit steht er im Endeffekt eher alleine da, immer kurz davor, aus dem Kulturmainstream völlig herauszufallen. Nicht, dass er nicht irritieren würde – aber er ist einfach zu gut, um ihn zu übergehen. Niemand würde es wagen, ihn zurückzupfeifen.

(Alpenfeuilleton, Susanne Haas, 25.07.2016)

 

 

Sie widmen sich immer wieder Menschen am Rande der Gesellschaft. Ob das Ihr oft gespielter großer Abend F. Zawrel – erbbiologisch und sozial minderwertig ist, ein Don Quijote, Freaks oder Camus’ Missverständnis. Warum dieses große Interesse an den Ausgestoßenen, Vergessenen, Verfolgten?!

„Weil man über die anderen eh meistens mehr hört. Weil es denen eh gut geht. Und weil es für mich auch viel spannender ist, ja, weil ich mich, wie etwa im Falle von Friedrich Zawrel, auch emotional und menschlich gar nicht entziehen kann. Diesem Stück musste ich mich widmen, genauso wie dem Wechselbälgchen von Christine Lavant. Was es bei mir wohl immer gibt, sind Menschen, die sich über die anderen stellen. Und die Unterdrückten. Natürlich ist das auch ein großes Thema in der Beziehung zwischen Friedrich Zawrel und dem NS-Arzt Heinrich Gross oder bei Elling. Wenn ich es kitschig formulieren wollte, würde ich sagen, dass ich mich diesen Menschen nahe fühle. Es ist einfach etwas, was mich beschäftigt.“(Wina, das jüdische Stadtmagazin,  Onlineredaktion, Oktober 2017)

 

Habjan ist Puppenspieler und schauspielerischer Partner seiner Puppen in einer Person. Er sitzt am Anfang als Nikolaus Habjan neben der Puppe von Friedrich Zawrel, der mit österreichischer Gemütlichkeit von Greueln und Grausamkeiten berichtet. ..

Nikolaus Habjan findet für jede dieser Rollen eine eigene Stimme. Das macht er so gut wie der legendäre Helmut Qualtinger in der legendären Lesung der „Letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus.(Abendzeitung München, Robert Braunmüller, 01. 12. 2017)

 

Ein Theaterstück, das man eigentlich jedes Jahr aufführen sollte: 2013/14/16/17 beeindruckte Nikolaus Habjan im Theater Ticino mit diesem grossartigen Theaterabend, der für alle, die ihn je gesehen haben, immer präsent bleiben wird…Die grosse Kunst dieses Abends ist, dass die Schwere der Geschichte nicht runterzieht, sondern dass der Mut und die Lebenshaltung des Friedrich Zawrel echt berühren und aus grossem Respekt immer wieder erzählt werden sollte!

(Theater Ticino Wädenswil)

 

Gibt es ein Leben nach dem Tod? Selbst eingefleischte Atheisten dürften ins Grübeln kommen nach dem Besuch einer Vorstellung von „F. Zawrel – erbbiologisch und sozial minderwertig“. Friedrich Zawrel, ein österreichischer Überlebender des Kinder-Euthanasie-Programms während der NS-Zeit, starb im Jahr 2015 – doch noch heute erzählt er auf der Bühne von seinen unvorstellbar grausamen Erlebnissen. Eine Theatererfahrung, der etwas Magisches anhaftet – ermöglicht von Nikolaus Habjan, seines Zeichens Opern- und Theaterregisseur, Kunstpfeifer und vor allem: Puppenspieler.

(Concerti,  Sören Ingwersen, 31. 10. 2018)

 

Wird der junge Zawrel zur Einnahme von Medikamenten gezwungen, ein Leidensgenosse mit einer Spritze getötet, leidet das Wiesbadener Publikum, das die Darbietung von Nikolaus Habjan nach zwei Stunden mit Applaus im Stehen und Bravo-Rufen honoriert, mit…. „Ich lüg’ Dich nicht an“, versichert die Figur Zawrel ihrem Spieler Habjan ein ums andere Mal. Zu unglaublich scheint das Geschilderte. Das hat Habjan auch in seinen vielen Gesprächen mit dem 2015 gestorbenen Friedrich Zawrel so empfunden. Das Figurentheater entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Opfer des NS-Regimes, das seine Erlebnisse jahrzehntelang unermüdlich auch durch Vorträge in Schulen verarbeitete. Wie sich der Mann Humor bewahren konnte, scheint ein Rätsel. Zawrels Galgenhumor blitzt zuweilen auch auf der Bühne durch, amüsiert die Besucher, denen das Lachen dennoch im Halse stecken zu bleiben droht.

(Wiesbadener Kurier, Christina Oxfort, 23.05.2018)

 

 Kann, darf man diese Gräuel als Figurentheater auf die Bühne bringen? Es mag sogar keinen genialeren Weg geben, das Unvorstellbare zu zeigen. Und wie Simon Meusburger (Buch, Regie) und Nikolaus Habjan (Buch, Puppenspiel) ihn gehen, ist großes, berührendes, schockierendes Theater, vom Publikum im Posthof mit minutenlangen Standing Ovations bedacht.

(Oberösterreichische Nachrichten, 27. Oktober 2012)

 

 

Vor drei Jahren, am 20. Februar 2015, starb Friedrich Zawrel. Erbbiologisch und sozial minderwertig, so wurde er klassifiziert in den 1940er Jahren! Zawrel überlebte als Kind das Euthanasie- Programm, welches damals unter anderem im Wiener „Krankenhaus“ Am Spiegelgrund auf äußerst brutale Weise durchgeführt wurde. Einer der damals zuständigen „Ärzte“ überlebte diese Jahre auch. Höchst angesehen, in der Nachkriegszeit hochgelobt, hochdekoriert, vielbeschäftigt als Gerichtsgutachter. Eine Schande für den Ärztestand. Die Mithilfe an damaligen Morden konnte ihm nachgewiesen werden, einer Verurteilung entzog er sich feig. Dass wir den Namen Friedrich Zawrel heute noch kennen, verdanken wir engagierten Menschen – und der Kunst. Der Arzt Werner Vogt hat tatkräftig mitgeholfen, dass sich die Wahrheit durchsetzen konnte. Und der Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan hat Herrn Zawrel mit dem einzigartigen Stück „F. Zawrel – erbbiologisch und sozial minderwertig“ ein bleibendes Denkmal gesetzt. (Medical Tribune, Dr. Harald Retschitzegger, 07.03. 2018)

 

 

Es ist schwer zu entscheiden, auf wen man den Fokus legen soll bei der Würdigung dieses Abends. Auf den Spieler oder den Gespielten. Zu trennen sind sie ohnehin schwer. Sie stecken ja quasi ineinander. Beide sind sie Österreicher: Nikolaus Habjan, Jahrgang 1987, ist Regisseur, Puppenspieler sowie Kunstpfeifer. Friedrich Zawrel, Jahrgang 1929, war Überlebender des Kinder-Euthanasie-Programms während der Zeit des Nationalsozialismus.

…Doch welche Kraft sein Puppenspiel hat, welche Tiefe, Würde, Pointiertheit und Virtuosität ist immer wieder neu und verblüffend…Aber dieser Zawrel nörgelt nicht, jammert nicht, obwohl seine Geschichte ein unermessliches Jammertal ist. Er erzählt schlagfertig, vital – Habjan spricht, bewegt dazu die Puppe atemberaubend organisch, bewegend menschlich. Zawrel und Habjan interagieren auch. Und ganz sanft legt der Spieler die linke Hand auf Zawrels Kopf, fixiert ihn, damit die rechte aus dem Kopf herausschlüpfen kann. Mit der Puppe war Habjan auch Trauerredner bei Zawrels Beerdigung 2015.

(Frankfurter Rundschau, Stefan Schickhaus,24.05.2018)

 

Großartig. Wenn Nikolaus Habjan mit seiner rechten Hand behutsam in den Stoffkopf seiner Puppe gleitet, wird diese Figur zu Friedrich Zawrel. Der ganz in Schwarz gekleidete Puppenspieler scheint nicht mehr existent. Zu gebannt hängen die Besucher im nahezu komplett ausverkauften Kleinen Haus des Staatstheaters Wiesbaden an den „beredten“ Lippen der Figur „F. Zawrel – Erbbiologisch und sozial minderwertig“, wie das in der Krankenanstalt Am Spiegelgrund, einer „Kinderfachabteilung“ des Deutschen Reichs, in der während des NS-Regimes bis zu 800 Euthanasiemorde an kranken, behinderten und vermeintlich erblich belasteten Kindern verübt wurden, gesprochene Urteil lautet.

Friedrich Zawrel hat der Jugend stets attestiert, „das Wichtigste“ zu sein, und eine kollektive Schuld verneint. Zawrel mahnt mit dem Gedicht „Was geschieht“ von Erich Fried. Und sagt: „Wir müssen aufpassen, dass so etwas nicht wieder passiert.“ Bravo!

(Echo, Christina Oxfort, 23.05.2018)