de

„6 Österreicher unter den ersten 5“

6 Österreicher unter den ersten 5

Theater Rabenhof, Premiere 23.04.2014

Buch: Dirk Stermann
Regie: Simon Meusburger
Bühne: Heike Mirbach

 

Musik: Kyrre Kvam
mit: Manuela Linshalm, Aaron Friesz, Nikolaus Habjan

 

Kritiken

 

Qualtingers Mundharmonie

Wiens Hand- und Stimmwunder Nikolaus Habjan und Manuela Linshalm zaubern mit Puppenköpfen so groß wie Menschenköpfe. In der Regie von Simon Meusburger machen sie das Unterschicht-Panoptikum schweben,
verschwindeln sie den Graus. Nikolaus Habjans Mundharmonie ist breit wie die von Qualtinger,
Manuela Linshalm wechselt so elegant zwischen scharf und brüchig wie einst Ilse Scheer. Beide stehen neben und zugleich in den Figuren: in der Frau Resch mit der Wurstzange, in der längst vergessenen ersten Wiener Zuhälterin („Wilde Wanda“), im rabiaten blunznfettn Buben im Rapid-Leiberl mit murfelndem Schwesterl, im flatulierenden Taxler, im von Hundstrümmerln geplagten schlampigen Greis, in der fetten Putzfrau, der nachtgeisternden Oma mit Köter, dem tonreinen ORF-Abteilungsleiter und dem schrecklichen Beamten bei der Fremdenpolizei (der sich als Kafka-Kenner empfiehlt).

In ihren Puppenrollen zitieren sie zwei blutigschwarze Kunstklassiker: „Alle Menschen samma zwider“ von Kurt Sowinetz zu Beethovens Europa-Jingle und von Qualtinger und André Heller das Krüppellied („. . . schnall’ ihnen die Prothesen ab und spiel’ mit ihnen Fangen“). Ein Running Gag geht auf eine H.C.-Artmann-Anekdote zurück. Der Dichter bestellt ein Viertel, der Ober fragt „Weiß oder rot?“ Gegenfrage: „Haben sie schon einen roten Sliwowitz gesehen?“ (Wiener Zeitung, 24.04.2014)

Ob als aufdringlicher, älterer Deutscher Hartmut, der mit gekünsteltem Wiener Dialekt den Qualtinger zu imitieren versucht, als schmieriger ORF-Abteilungsleiter, der Dirk zum „Entpiefkenisierungskurs“ verdonnert und ihm vergeblich den richtigen Klang des „Frühstückseis“ einbläuen will, oder als unentwegt gegen Ausländer und Hunde grantelnder Hausmeister: Der Grazer wechselt mit erstaunlicher Vielseitigkeit zwischen seinen Puppen und haucht jedem noch so grausligen Vertreter eines heute seltsam und verbittert anmutenden Wiens Leben ein. So sehr, dass es geradezu bedrohlich ist, wenn der bösartige Hausmeister sich mit finsterem Blick dem Publikum nähert. „Lachens ned so deppat“, sagt er mehrfach. „Mei Leben is a Arschpartie. Und Wien ein einziges eingeschissenes Hundetrottoir.“ (APA, Angelika Prawda,24.04.2014)

 

Faszinierend ist, wie Nikolaus Habjan und Manuela Linshalm den Puppen-Torsos Leben einhauchen. Vor allem Habjan glänzt in allen dialektalen Nuancen als derber, furzender Taxler, Hundehassender Hausmasta oder kafkaesker Beamter. (Kurier, Peter Temel, 25.04.2014)

Als absurd-komische Puppenshow. Und Nikolaus Habjan rockt diese Show. Er ist großartig als melancholischer Robert, der Universalkommentator, der immer knapp am Suizid lebt, und noch besser als Hartmut, der präpotente Piefke, der so gerne ein Qualtinger wäre. Die beste Figur übrigens. Er spielt und belebt den typisch rechtsradikalen Taxifahrer und den k.k. kafkaesken Beamten und den oligatorischen Hundsviecher-wegen-ihre-Trümmerl-Hausmeisterhasser und den Vereinshymnen singenden Rapidfan und … 

(Bühne, Mottingers Meinung, 24.04.2014)

Der mittlerweile stadtbekannte Puppenspieler Nikolaus Habjan, dessen Kollegin Manuela Linshalm und Regisseur Simon Meusburger schicken Dirk Stermann (Aaron Friesz) in ein Wiener Puppen-Bestiarium aus hantigen Würstelstandmatronen und halbswüchsigen Rapidfans, hundeverachtenden Hausmeistern und furzenden Taxifahrern. (Falter 18/14, 30.04.2014)

 

In der umjubelten Produktion des Rabenhof Theaters Wien, zeigt das erfolgreiche Puppenspielerteam Nikolaus Habjan und Manuela Linshalm, unterstützt von dem Multiinstrumentalisten Kyrre Kvam, die brutal schwarze Wiener Seele. Eine rasant-komische, bitterböse Abrechnung mit jeglichem Wien-Klischee, sowie eine fulminante Leistungsschau des zeitgenössischen, österreichischen Puppentheaters.(ArgeKultur, 06.02.2015)