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Wiener Zeitung, 2.1.2010

Großes Maul und feine Witze

Von Evelyn Polt-Heinzl

 

Nikolaus Habjan hat mit seinen satirischen Stücken rund um „Herrn Berni“ im Wiener Schubert Theater ein neues Puppentheater für Erwachsene geschaffen….Doch das, was das kleine Theater absolut unverwechselbar macht, sind Nikolaus Habjans Klappmaulpuppen, die 2009 in „Schlag sie tot“ ihr Theaterdebüt hatten – und gerade in „Herr Berni macht Urlaub. Schlag sie tot 0.2“ ihre Fortsetzung finden. Habjan, gebürtiger Grazer und seit 2006 Student der Musiktheaterregie an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien, hat schon zahlreiche Regieassistenzen absolviert, vor allem aber beschäftigt er sich seit vielen Jahren mit dem Puppenspiel. Er baut seine Puppen auch selbst. Ein Strumpf mit Puppenwatte, ein modellierter Pappbecher und jede Menge Latex – schon ist er fertig, der Herr Berni, der seinen Namen Fritz Muliars Hund verdankt. Er ist der Prototyp des grantelnden alten Wieners mit Neigung zur Xenophobie. … Das Unerhörte an all diesen Szenen ist jedoch der Puppenspieler Nikolaus Habjan selbst . Wie er das Spiel seiner Klappmaulpuppen handhabt, ihnen die wechselnden Stimmen leiht und dazwischen auch noch puppenspielend eingestreute Kreisler-Lieder singt bzw. seine Puppen singen lässt, ist von unglaublicher Anmut und Perfektion. Die größte Kunst dabei ist wohl – abgesehen vom permanenten Wechsel der Stimmlagen und Ausdrucksweisen, schließlich muss er auch jede Menge Dialoge darstellen – die Art und Weise, wie sich der Puppenspieler sichtbar unsichtbar macht. Er schnappt sich eine der Puppen und verleiht ihr, zwangsweise neben ihr bleibend, Leben, Mimik und oft auch noch seine Beine. Da sitzt Herr Berni, eine Halbkörperpuppe, schaut seinen, also Habjans, Beinbewegungen nach, bewegt seinen Kopf, seinen Oberkörper, spricht mit seinem herrlichen Klappmaul ins Publikum und schon ist der sichtbare Puppenspieler unsichtbar, ist nur in der Figur, obwohl er doch daneben sitzt und die Inszenierung auf lichttechnische Unterstützung der Illusion verzichtet. Dass Habjan dann und wann nicht umhin kann, einen ganz kurzen Moment die Mimik seiner Puppe zu teilen, macht das Ganze nicht nur besonders liebenswert, sondern demonstriert zugleich den Kraftakt des Puppenspielers, der seine Stimme lachen oder schreien macht und selbst keine Miene verzieht. … Nikolaus Habjans Theater ist lustvoll, verspielt und kritisch zugleich, es greift aktuelle Themen auf und lässt den Holzhammer im Requisitenkammerl. Dieses Puppentheater lebt von einer feinen Mischung aus Andeutungen, grotesken Kippeffekten, Running Gags und virtuos gehandhabten Klappmaulpuppen mit hinreißenden Blick-Effekten. Der junge Puppenspieler hat einen ganz eigenen Stil gefunden. Seine Mitarbeit an der Kabinetttheater-Produktion „King of Birds & Queen of the Blood“ im Juli 2009 war wohl nur ein kleiner Sidestep, denn Nikolaus Habjan wird seinen eigenen Weg weitergehen – und davon ist noch viel zu erwarten.

 

 

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