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„Wien ohne Wiener“

Wien ohne Wiener

 

Volkstheater Wien, Premiere 11.10.2017

Regie und Puppenbau: Nikolaus Habjan 

Musikalische Bearbeitung/Komposition: Markus Kraler, Andreas Schett 

Musikalische Leitung: Andreas Schett 

Bühne und Kostüme: Denise Heschl

Licht: Paul Grilj

Dramaturgie: Heike Müller-Merten

Mit

Gábor Biedermann, Günter Franzmeier, Isabella Knöll, Christoph Rothenbuchner, Claudia Sabitzer, Stefan Suske 

 

 

Vorberichte

 

Die schwarzhumorige Fantasie eines der größten Kabarettisten des 20. Jahrhunderts, die sich in treffsicheren Pointen auf dem Papier bzw. auf den Klaviertasten niederschlägt, eröffnet einen eigenen Kosmos. Darin einzutauchen haben sich der in Wien lebende Grazer Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan und die Musiker der 1993 gegründeten Musicbanda Franui unter der Leitung von Andreas Schett aus dem Osttiroler Dorf Innervillgraten verbunden. Gemeinsam mit stimmgewaltigen Volkstheater-Schauspieler/innen und einer neuen Kollektion von Puppen aus Habjans Werkstatt werden sie ihrer Affinität zu den „alten bösen“ und den neueren Kreisler-Liedern Ausdruck verleihen (Theaterkompass, 03.10.2017)

 

 

Betörend ist das: dieser seelenwunde, melodiensatte Kärntner Wehlaut für vierstimmigen Chor. Dann wenden sich die harmonischen Ereignisse sachte ins Irritierende, bis am Schluss eine grelle Dissonanz die jüngere Kärntner Realität aufzurufen scheint. Dazu formt sich für das „Schaurig-traurig Lied vom einäugigen Elschen“ die „Schauspielerwolke“: So nennt der Regisseur und Puppenmeister Nikolaus Habjan sein Ensemble, das sich aus den besten Kräften des Volkstheaters zusammensetzt. Sie changieren ständig in ihren Rollen, spielen, singen und animieren die von Habjan gefertigten Ganzkörperpuppen mit den alles durchdringenden Augen. Der Abend bezieht seinen Titel von einer Vision des österreichischen Kabarettisten Georg Kreisler: „Wien ohne Wiener“ ist ein „szenischer Liederabend“, Habjans Verehrungsbekundung für den 2011 in Salzburg verstorbenen Großsatiriker. „Wie schön wäre Wien ohne Wiener“, schwärmte Kreisler in der ihm eigenen messerscharf-nasalen Rhetorik.

…. „Tauben vergiften“ ist für Habjan ein Stück persönlicher Traumageschichte: Die Eltern aus dem Grazer Bürgertum liebten Kreisler, seine Tonträger rotierten beständig auf dem Plattenteller. Also sang der Sohn „Tauben vergiften“ vor, als die Lehrerin in der zweiten Volksschulklasse sein Lieblingslied kennenlernen wollte. Worauf die Eltern vorgeladen wurden: Das Kind habe die Tierquälerei propagiert. Dabei, ereifert sich Habjan, gehe es in dem Lied metaphorisch um die Vernichtung unliebsamer Menschen durch freundliche Mitbürger. Also wird am Volkstheater die Schauspielerin Claudia Sabitzer in Vogeladjustierung von einem albtraumhaft verpuppten Pensionistenpaar liquidiert. (News, Heinz Sichrovsky, 08.10.2017)

 

 

Das achtköpfige Ensemble besteht aus lauter Charakterdarstellern: eine Blumenverkäuferin und ein Grantscherm, ein eigenartiger alter Mann und eine entzückende alte Lady,ein offenkundig Ängstlicher und ein verbiesterter Beamter, das einäugige Elschen und der leibhaftige Tod. Sie alle werden in der Produktion Wien ohne Wiener am Volkstheater ihr Bühnendebüt geben. Sie sind nicht nur handverlesen, sondern auch handgenäht. Sie sind die neuesten, aus Strümpfen fabrizierten Kreationen des Puppenbauers, Puppenspielers und Regisseurs Nikolaus

„Ich habe mich ein paar Tage ins Atelier eingesperrt und einfach drauflos gebaut, das habe ich schon lange nicht mehr gemacht und es sehr genossen“, erzählt Habjan… Der Abend wird „hundert Prozent Kreisler“, verspricht Habjan, doch obwohl auch ein paar Kreisler-Texte eingebaut werden, wird es ein Programm mit Revuecharakter, bei dem Lieder ohne Handlung zusammengefügt werden. „Im Momentprobenwir21 Lieder, aber das werden wir wohl noch ein wenig reduzieren müssen. Natürlich könnte man alle Klassiker spielen. Wir haben zwar einige Schlager drinnen, aber auch Lieder, die man nicht kennt. “ Das legendäre „Taubenvergiften „ist wohl unverzichtbar, und auf das „Lied für Kärntner Männerchor“, für das er das einäugige Elschen zum Puppenleben erweckt hat, scheint er sich bereits mit diebischem Vergnügen zu freuen. Jedenfalls bricht Habjan im Gespräch ansatzlos in Gesang aus und stimmt lustvoll eine Strophe an: „Einst traf sie einen Jäger namens Jochen / Sie sah ihn an, und ach! ihr Herz ward sein/ Doch nachts darauf hat sie ihn abgestochen / Im Dunkeln hielt sie Jochen für ein Schwein.“ (Die Bühne Nr.10/2017, Wolfgang Huber-Lang)

„Kreisler hat meinen Humor geprägt“

„Das Wunderschöne mit dem absolut Grässlichen zu verbinden, das ist glaub ich total Kreisler“, betont Regisseur Nikolaus Habjan. Georg Kreisler und Habjan gehören zusammen. Schon Habjans allererstes Stück im kleinen Schuberttheater „Schlag sie tot“ war Kreisler gewidmet. Neun Jahre später gestaltet der zum Superstar avancierte Puppenspieler eine große Hommage an jenes österreichische Genie, der als Jude emigrieren musste und trotz Heimkehr niemals wieder Österreicher werden wollte.

Als Kind schon hat Nikolaus Habjan Kreisler Lieder auf Musikkassette gehört und wie ein Schwamm aufgesogen. „Meine Schwester und ich haben das immer im Auto gesungen, wenn wir auf Urlaub gefahren sind, lief immer Georg Kreisler und Cissy Kraner und – diese Art von Humor hat mich sehr geprägt.“

„Nur auf den ersten Blick lustig“

Sechs Schauspielerinnen und Schauspieler und neun von ihnen bewegte Klappmaulpuppen bestreiten den Nummernrevue-Abend, bei dem Habjan sich als Regisseur im Hintergrund hält und auf einen Handlungsrahmen verzichtet. Unter fast jedem seiner schwarzen bösartigen und treffenden Lieder verberge sich eine zweite Ebene. (ORF, Morgenjournal,Katharina Menhofer, 10.10.2017)

Gestaltet wird der Abend von einem, der sich in Wien durchaus wohlfühlt: Der in Graz geborene Puppenbauer, Puppenspieler und Regisseur Nikolaus Habjan (30) räumt im APA-Gespräch zwar ein, dass die Stadt „auch sehr giftig sein kann“, gibt aber zu: „Ich mag Wien, und Wien mag mich.“ Für den Wien-Verdruss Kreislers, der 1938 aufgrund seiner jüdischen Herkunft emigrieren musste und 1955 als US-Staatsbürger zurückkehrte, hat Habjan dagegen großes Verständnis: „Das ist seine Sicht. Es war definitiv so schlimm für ihn. Wenn man seine Schilderungen liest, kann man seine großen Verletzungen gut nachvollziehen. Die sind auch niemals geheilt.“

Nachdem schon Habjans erstes Puppenstück „Schlag sie tot!“ ein Lied von Georg Kreisler zum Ausgangspunkt nahm, sind es nun 25 Lieder (plus eine Zugabe), die er mit sechs Schauspielern und neun eigens angefertigten Puppen auf die Bühne bringt. Für den musikalischen Teil zeichnet die Osttiroler Musicbanda Franui rund um Mastermind Andreas Schett verantwortlich. „Je mehr man sich mit Kreisler-Liedern beschäftigt, desto mehr kommt man auf ihre musikalische Qualität. Immer wieder sind musikalische Zitate eingebaut“, sagt der Regisseur. „Franui haben einen tollen Zugang zur Musik. Das ist Arbeiten auf allerhöchstem Niveau, aber immer total lustvoll. Sie haben größten Respekt vor dem Material, sind aber dennoch komplett anarchisch. Und sie haben viel Humor.(Tiroler Tageszeitung, APA, 10.10.2017)

Kritiken

 

Er ist ein langsam abgekletzeltes Pflaster auf der Heimatnarbe aller Blut- und Bodenlosen. Ist die Aufforderung „Niemals Vergessen – zu singen“. Habjan und seine Truppe glänzen vom ersten bis zum letzten Takt, sie geben den Puppen, aber auch sich selber Raum. Isabella Knöll singt (das persönliche Lieblings-)Lied „Ich kann tanzen“, Günter Franzmeier legt sich zum Schluss aufs „Totenbett“: „I kenn kan Strauß, kan Lipizzaner und kan ‚Knabenchor. Weil i mein Lebtog mit der Oabeit zu beschäftigt wor. I find kan Mozart und kan Haydn und kan Schubert schön – I hab a aanzigs Moi den Hitler g’sehn …“

Was man darauf noch sagen kann? Ah ja! „Haallo!“ (Bühne, Michaela Mottinger, Oktober 2017)

 

Der gebürtige Grazer Habjan sorgt seit knapp zehn Jahren als Puppenbauer, Puppenspieler und als Regisseur für Furore im deutschsprachigen Sprachraum. Seine Klappmaulpuppen sind in vielen Häusern gefragt.

Im Gegensatz dazu dreht sich „Wien ohne Wiener“ um das Lokalkolorit – um die hiesige Ausformung menschlicher Kleinkrämerei, Niedertracht und selbst gezüchteter Ängste. Die Inszenierung bediente sich bei Liedern und Texten Kreislers aus mehreren Jahrzehnten. Den Auftakt bestritten Habjans Puppen, die hinter dem geschlossenen Vorhang hervorlugten, um miteinander auf Basis des Kreisler-Textes „Die Muschel“ in Dialog zu treten. Der Text spinnt ein Szenario, das mit der Abnabelung Wiens von der Welt spielt: „Wien is g’sperrt, niemand derf auße, haben’S das net g’wusst?“

Für den stärksten Szenenapplaus des Abends sorgte eine Puppe, die unschwer als Sebastian Kurz zu erkennen war, und der Kreislers „Kapitalistenlied“ in den Mund gelegt wurde, während im Hintergrund Österreichfahnen geschwungen wurden. Am Ende des Abends zeigte sich das Publikum durchaus zufrieden. Applaus gab es vor allem für Franui. Und der Beweis, dass Kreislers Werk auch im Jahr 2017 noch aktuell ist, konnte erbracht werden. (ORF, Johannes Luxner, 12.10.2017)

 

Habjan, der zur Premiere einspringend und mit Fortüne selbst eine Hauptrolle übernahm, stellt seine ganze Kunstfertigkeit in den Dienst des Halbvergessenen. Das virtuose Ensemble singt, spielt und animiert die hypnotischen Puppen, die sich wie durch Zauberhand von freundlichen Mitbürgern in Bestien verwandeln.

Mit dem grandiosen Musikensemble Franui erzeugen die Schauspieler in minimalistischen Ambiente enorme Atmosphäre. Der Abend ist ebenso komisch wie beklemmend und steigert sich in seinen besten Augenblicken in die Höhe großen absurden Theaters. (Kronenzeitung, Heinz Sichrovsky, 12.10.2017)

Puppen blicken durch den Vorhang, links Georg Kreisler persönlich, rechts der Tod, in der Mitte die sattsam bekannten gemütlichen Wiener mit Klappmaul, schlechten Zähnen und böser Zunge: „Wien ohne Wiener“ von Puppenmacher Nikolaus Habjan und der Franui-Musicbanda ist eine Uraufführung. Schauspieler Christoph Rothenbuchner war bei der Premiere Mittwochabend im Volkstheater heiser. Habjan sprang ein, mutig bei diesen mitunter zungenbrecherischen Liedern. Kreisler zu ergründen ist nicht einfach. Am meisten kommt man ihm nahe, wenn man seine Selbstdefinition als Anarchist ernst nimmt. (Die Presse, Barbara Petsch, 12.10.2017)

Sechs Schauspieler – zwei Damen, vier Herren – betätigen sich als Varietésänger. Statt des stimmlich indisponierten Christoph Rothenbuchner mischte sich Regisseur Nikolaus Habjan am Premierenabend als zart tremolierender Tenor unter die Kreisler-Interpreten. Chapeau! Die wahren Helden dieses schlafschweren Abends aber sind Habjans Puppen mit ihren schreckenerregenden Gesichtern. Sie haben Klappmäuler, von denen man vermutet, es könnte beim allzu abrupten Aufsperren in sie hineinregnen. Sie benötigen den Halt durch eine lebensspendende Person, während jeweils eine zweite Kopf und Mundwerk betätigt. (Standard, Ronald Pohl, 13.10.2017)

 

 

Auf ein „Wien ohne Wiener“ hat sich Georg Kreisler schon in den 1960iger Jahren gefreut. Theatermacher Nikolaus Habjan hat unter diesem Titel mit großartigem Ensemble Kreislers Lieder im Volkstheater auf ihre Gültigkeit abgeklopft. Herausgekommen ist eine Revue, in der einem gerne das Lachen im Halse stecken bleibt…Habjan, der am Premierenabend kurzfristig eine der Hauptrollen übernehmen musste, reiht mit viel szenischer Fantasie eine Kreisler-Perle, Lieder, Texte, Aphorismen, an die andere. Die wunderbar spielenden und singenden Schauspieler Gabor Biedermann, Günter Franzmeier, Isabella Knöll, Claudia Sabitzer, Stefan Suske lassen auch seine Puppen lebendig werden. Da wird die brutale Kärntner Sennerin Else gemeuchelt oder tritt ein Staatsbeamter zum Arschkriechen… Die Zugabe: „Der Tod, das muss ein Wiener sein“. Da kann selbst das Publikum nur noch jubeln. (Kronenzeitung, 13.10.2017)

Er (Kreisler) starb 2011 in Salzburg. Wien und Österreich seien seiner Karriere und Ehre zu viel schuldig geblieben, klagte er alt und verbittert. Das Volkstheater macht was wieder gut. Für seinen Georg-Kreisler-Abend „Wien ohne Wiener“ bot es sein Hausgenie Nikolaus Habjan als Puppenbauer, Puppenspieler und Regisseur auf, sowie zur musikalischen Umsetzung die halbe Gruppe „Franui“…Gejüdelt wird und geböhmakelt…Rauch und Nebel und ein feines Spiel mit gerafften und gefalteten Theatervorhängen halten den Hintergrund in Bewegung…Nach jedem Lied knallharter Beifall.(Wiener Zeitung, Hans Haider, 13.10.2017)

„Wien ohne Wiener“als ernsthafte Drohung. Wunderbarer Georg-Kreisler-Liederabend von und mit Nikolaus Habjan und Franui…Beim „Kapitalistenlied“ trägt eine Puppe Sebastian Kurz`Gesichtszüge. In der Moderation heißt `s: „Die Zukunft ist – kurz.“Der Abend ist wunderbar kurzweilig. (Kleine Zeitung, Reinhold Reiterer, 13.10.2017)

Bei der Uraufführung am Mittwoch wurde im Volkstheater viel gelacht und nach jeder Szene heftig applaudiert, immerhin ist mit Georg Kreisler Unterhaltung garantiert. (Salzburger Nachrichten, Julia Danielczyk, 13.10.2017)

 

 

 

Eine Federn lassende Taube kriecht über die Bühne, ein paar Kühe wackeln im Takt und ein alter Wiener schimpft über noch ältere Menschen und spielende Kinder: Skurrile Szenen spielen sich ab, wenn der Grazer Regisseur Nikolaus Habjan die Lieder Georg Kreislers auf die Bühne bringt.

Es geht um Heimatliebe und um Heimatlosigkeit, es geht um den typisch österreichisch-jüdischen Humor. Und es geht um Politik…. Kreisler ist seit einigen Jahren verstorben, Zeiten ändern sich. Doch werden unangenehme Themen angenehmer? Regisseur Nikolaus Habjan antwortet auf die Frage, indem er Kreislers satirische Stücke in einem Liederensemble zusammenstellt und mit der Musikgruppe Franui auf die Bühne bringt. Der 30-Jährige ist allerdings nicht nur als Regisseur bekannt – auch Habjans Künste als Puppenbauer werden im gesamten deutschsprachigen Raum gelobt. Für „Wien ohne Wiener“ – das Stück ist nach einem gleichnamigen Lied benannt – schafft der Künstler eine Gruppe von grantigen Österreichern und lässt mit diesen so manches Unter-den-Tisch-kehr-Thema auf humorvolle Weise in neuem Licht erstrahlen.

Wie Kreislers Lieder politisch aufgeladen waren, so ist auch das Jahr 2017 konfliktreich – und Anlass für Habjan, Kreislers Kritik ins Hier und Heute zu übertragen. „Unsre Zukunft is Kurz – geil!“, ruft eine großohrige Puppe mit Wiener Akzent am Rednerpult. Als „Mensch und Christ“ will das Kurz-Parodiepüppchen die Türen zur Alpenrepublik verschließen. Franui spielt dazu das „Kapitalistenlied“.

Habjans Inszenierung von „Wien ohne Wiener“ ist eine Akzentsetzung in einem gespaltenen Land. Gezielt setzt der junge Regisseur auf Satire, um Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu entlarven…. Der zynische, schwarze Humor kennt weder beim Liedermacher noch beim Puppenbauer Grenzen. Wäre die Zeit nicht, so hätten sich da zwei gefunden. Wie gerne hätte Kreisler wohl mit eigenen Augen gesehen, wie Habjan seinen Liedtexten das irrwitzige Bild gibt, das sie beschreiben.

(https://onlinejournalismus-ws17-01.jour.at/2018/01/06/tauben-vergiften-im-park/)

 

Vom Shutdown einer Stadt fabulieren die Puppen in der ersten Szene dieses Georg Kreisler-Liederabends, den Nikolaus Habjan und die Tiroler Franui-Musiker mit dem Ensemble des Wiener Volkstheaters 2017 einstudiert haben. Was damals wie ein böser Witz und besonders makabrer Kreisler-Einfall wirkte, ist in Zeiten der Corona-Pandemie gar nicht so weit von der Realität entfernt. Bekanntlich wurde die chinesische Metropole Wuhan tatsächlich wochenlang abgeriegelt: keiner durfte hinein oder heraus. Und auch in den westlichen Großstädten ist das Alltags-Leben bis auf ein Minimum heruntergefahren: der österreichische Kanzler Sebastian Kurz tat sich hier mit besonders strengen Maßnahmen hervor. Im Lauf des „Wien ohne Wiener“-Abends ist zwar an anderer Stelle auch von einem Virus die Rede, die Abriegelung der Stadt in der ersten Szene hat aber andere Gründe: die grantelnden Wiener wollen einfach unter sich sein und haben keine Lust mehr auf die Touristen-Massen, die sich durch Hofburg, Prater und Stephansdom.Prophetisch-makaber wirken auch die Zeilen „Und’s Burgtheater zu –
Es wär herrlich, wie schön Wien dann wär!“ Sie stammen aus dem Song „Wien ohne Wiener“, einer ätzenden Messer-Mord-Phantasie von Georg Kreisler an den Mitbürger*innen, in der Kreisler davon träumt, seine Heimatstadt für sich allein zu haben. Diesem Chanson verdankt auch die kabarettistische Revue ihren Titel. Den Charme der Inszenierung machen aber vor allem die Puppen aus, die Habjan mit den Schauspieler*innen interagieren lässt. In Österreich ist er ein gefragter Regisseur, 
in Deutschland leider noch kaum bekannt. Ihr Granteln, ihr Wiener Schmäh und ihre Parodie auf die Bürokratie geben der Revue die nötige Würze, die sonst nicht über einen konventionellen Liederabend hinauskäme.

Die Inszenierung ist leider nicht mehr im Repertoire des Volkstheaters Wien, war aber am Karsamstag/Ostersonntag noch mal im Online-Spielplan des Hauses zu erleben. (das Kulturblog, Konrad Kögler, 12.04.2020)