Ausschliesslich Inländer – ein Georg-Kreisler-Abend
von Nikolaus Habjan und Franui
Pfauen/Schauspielhaus Zürich
Premiere 02.06. 2018 im Schiffbau / Box
Regie und Puppenbau: Nikolaus Habjan
Bühne: Jakob Brossmann
Kostüme: Denise Heschl
Text und Musik: Georg Kreisler
Musikalische Leitung :Andreas Schett
Mit Benito Bause, Nikolaus Habjan, Claudius Körber, Miriam Maertens, Michael Neuenschwander, Elisa Plüss
Kritiken
Nikolaus Habjan habe zudem durch seine Inszenierung eine Brücke zur heutigen Zeit geschlagen, indem er eine Grenzstation als Spielort etabliert habe. An dieser Station werde nun ein Kind ausgesetzt. Habjan nehme dies nun als Ausgangspunkt um Kreislers Lieder in eine „Stationen-Dramaturgie“ einzubetten. Mit grotesken Klappmaul-Puppen werde dann über anderthalb Stunden lang der sarkastische Humor Kreislers ausgelotet. Die Musiker der Musicbanda Franui schafften dabei etwas Außergewöhnliches, so Gampert: „Das ist etwas ganz Erstaunliches an diesem Abend, dass man durch diese Orchester-Besetzung etwas hören kann, dass man bei Kreisler, der ja immer nur solo am Klavier auftrat, gar nicht so wahrnehmen konnte: Dass doch sehr viel von Eisler und Weill in diesen Liedern steckt!“Der Puppenspieler und Regisseur Habjan habe sich an diesem Abend sehr zurückgenommen, sagt Gampert. Er habe mit seiner Puppe einen philosophischen alten Zausel, eine ganz groteske Figur, gespielt. „Habjan ist ein Tausendsassa. Er kann toll singen, er kann diese Figuren super führen und er hat auch dieses Ensemble ganz toll angeleitet. Das ist vielleicht das Wichtigste an diesem Abend: Dass das Ensemble, dass die Züricher Schauspieler als Puppenspieler auftreten und das ziemlich gut machen.“Über die grotesken Gesichter der Puppen werde das Groteske in Kreislers Texten zudem gedoppelt. (https://www.deutschlandfunkkultur.de/georg-kreisler-abend-in-zuerich-zwischen-traumspiel-und.1013.de.html?dram:article_id=419436)
Ein anspruchsvoller, konzentrierter Musiktheaterabend aus zum Teil unveröffentlichten Texten und Liedern Georg Kreislers, die dezidiert auf die Schweiz Bezug nehmen. Georg Kreisler hat von 1992 bis 2007 in Basel gelebt und sich in dieser Zeit entsprechend humorvoll und kritisch mit der Schweiz beschäftigt. Die Schönheit sowie der Wahnsinn der spezifischen Schweizer Kunst der Abgrenzung werden in diesem Projekt auf musikalische Weise zum unterhaltsamen Thema.
Der österreichische Puppenspieler und Regisseur Nikolaus Habjan baut seine grossen Klappmaulpuppen selbst und steht auch als Darsteller auf der Bühne… Den Puppen nicht nur Leben einzuhauchen, sondern sie zu eigenständigen Figuren und Charakteren werden zu lassen, die einen verführen, verstören und berühren, wie es Habjan schafft, ist eine hohe Kunst.
(https://www.kulturzueri.ch/kulturdatenbank-zurich/veranstaltungen/1105-1068-ausschliesslich_inlnder/)
So geht Festspielpremiere! Musikalisch mitreissend, handwerklich meisterhaft, dabei Gott und die Welt – und uns – munter in die Mangel nehmend. Die fast zweistündige Nestbeschmutzer-Fete «Ausschliesslich Inländer», die jetzt in der Schiffbaubox uraufgeführt wurde, ist so fäkalfrei, dass sie ungefiltert anschlussfähig ist an den Mainstream. Wirklich eine supersaubere Sache.Aber hey, dafür liess man sich umso williger hineinsinken und hineinsaugen in dieses schräge Gesamtwunderwerk: Der sechsköpfigen Band mit den mindestens 13 Instrumenten und dem sechsköpfigen Schauspielensemble mit den mindestens 13 Puppen, die Wahnsinns-Klappmäuler, Kugelaugen und Stabarme mit knittrigen Händen haben, glückte ein Husarenritt ins Reich des falschen Lebens.
Da ist beispielsweise das furztrockene, ungeschönte Arschkriecher-Liedchen «Der Staatsbeamte». Es funktioniert auch ohne einen Background mit austriakischem Beamtenstaat bestens und demaskiert die bis heute aktuelle Überlebensstrategie: «Na, ma brauch’ schon a bisschen Routin’ / Um so wie ich von Arsch zu Arsch zu zieh’n». Da schützt man «jedes Tier» und auch den «Steuerhinterzieh’r»; man schützt die «Volksdemokratien» und die «Schützenkompagnien» – jetzt wär mal die Polizei dran, schmettert das Ensemble. Das Saxofon knätscht dazu, das Liveorchester trommelt und trompetet, kriegt jeden Stilmix hin, vom angeklezmerten Trauermarsch über schubertiadischen Swing bis zu neumusikalischem Gejodel. Was heisst hinkriegen? Hinbrettern und hinbrillieren. Oder auch mal hinflüstern. Und ganz selten nur hinlängen. Auch die Schauspieler laufen zu Hochform auf, wenn sie tief runter müssen in diese existenziellen Ängste, von denen Georg Kreisler erzählt, und wenn sie dazu die Puppen tanzen lassen. Denen kann man übrigens grauslig hamletmässig die Köpfe abnehmen. Und wie Bause uns aufs Ohr haut, dass die Monotonie des Alltags uns tötet («Zuhause ist der Tod»); wie Maertens sich virtuos vom «Sonntagsspazier» zum «Fensterscharnier» singt, an dem sie hängen wird: schrecklich toll! Und zwischendurch schocken abgedreht-halluzinative Bilder, Zollhäuschen mit Zähnen, wandernde Riesenaugäpfel. Zum Weggucken und Hingieren. Der Regisseur und Figurenmaestro Habjan macht aus genialer Kleinkunst grosse Oper.(Tagesanzeiger, Alexandra Kedves,04.06.2018)(https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/theater/ein-maestro-macht-aus-kleinkunst-grosse-oper/story/28351683)
Jedem/r einzelnen der Schauspieler*Innen ist anzumerken, wie intensiv, sie sich mit dem Puppenspiel beschäftigt haben – aber hierfür hatten sie auch einen grossartigen Lehrmeister, denn beobachtet man Nikolaus Habjan und seine alte verschrobene Lady, die von ihm bespielt wird, so sieht man, mit welch grossem Talent und welcher Leidenschaft er dies tut. Die beiden Körper werden eins und harmonisieren vollends(https://arcimboldisworld.com/2018/06/28/ausschliesslich-inlaender-schiffbau-zuerich-20-06-2018/)
In «Ausschliesslich Inländer» haben vordergründig Puppen die Hauptrollen übernommen. Klappmaul- und Stabpuppen genauer, oft auch nur ihre Köpfe. Bald lebensgross und also überdimensioniert wirkend, bald ganz klein.
Grimmig schauen sie drein, irgendwie verkniffen. Nikolaus Habjan, der österreichische Puppenspieler und Kunstpfeifer, der mit seinem Figurentheater an vielen grossen Opern- und Theaterbühnen durchstartet, ist jetzt auch am Schauspielhaus angekommen. Er zeigt hier die einzige Theaterpremiere im Rahmen der Festspiele Zürich, zu deren Thema sie indessen kaum passt. Die schrägen Visagen der Puppen verkörpern hingegen hervorragend die schwarzhumorigen Grantler von Georg Kreislers Liedern.(https://www.nzz.ch/feuilleton/puppen-bringen-im-zuercher-schiffbau-georg-kreislers-grantler-zum-tanzen-ld.1391197)(Neue Zürcher Zeitung, Tobias Gerosa,03.06.2018)
Schaurig, traurig und überaus lustig ist der Kreisler-Liederabend von Nikolaus Habjan am Schauspielhaus Zürich. Es ist eine kleine Sensation: Nicht nur, dass das Ensemble eine Armada von Puppen präzise führt und glaubhaft zum Leben erweckt – sie lassen es auch gesanglich krachen. Der pure Spass!(Schweizer Rundfunk, Andreas Klaeui,04.06.2018)
Nicht minder eindrücklich ist der Auftritt der sechsköpfigen Musikband Franui. Ihr variantenreiches und irisierendes Spiel bestimmt den dramatischen Rhythmus der Handlung und verleiht dem teils bedrückenden Puppenauftritt auf der Bühne Heiterkeit und Leichtigkeit. Nuancenreich unterstützen die sechs Musiker auf ihren zahlreichen Instrumenten den poetisch-schwebenden Charakter der Aufführung, die wiederholt ins derb Komische und Anklägerische ausschlägt.
(https://seniorweb.ch/2018/06/04/grimmige-puppen-bitterboese-lieder/)